Am Strom 53: Poetics of Property
Foto: Angelika Fischer
Ausstellung kuratiert von Gustav Elgin, Jenny H. Trømborg und Katharina Wiedwald
mit Werken von u.a. Espen Gleditsch/Leonard Rickhard/Olve Sande
29.06. — (verlängert bis) 01.09.2024
Eröffnung: 29.06.2024 / 15 — 18 Uhr
Einführung 15 Uhr
Öffnungszeiten: Fr —So / 12 — 17 Uhr
Alle Gebäude haben eine Poetik. Sie sind Orte, an denen Welten entstehen, sanft in andere überschwappen oder gewaltsam mutieren. Sie schaffen Welten und nehmen an ihnen teil, sie verbinden, ermöglichen oder unterdrücken gleichzeitig andere. Der britische Maler, Schriftsteller und Kunsttheoretiker John Ruskin war einer der frühesten Denker, der diese kosmopoetische Eigenschaft von Gebäuden ernst nahm. Er verglich ihr Leben mit dem von Flechten. Flechten sind symbiotische Lebensformen, die sich in einem zyklischen Zustand zwischen Wachstum und Verfall befinden, die Nährstoffe aufnehmen und wieder in ihre Umgebung zurückführen. In dieser Gleichung sind Gebäude keine unbeweglichen Strukturen, sondern vielmehr Organismen, die sich, indem sie Materialien, Technologien, menschliche-und nicht-menschliche Lebewesen synthetisieren, langsam fortwuchern. Wenn wir das Haus Am Strom 53 als das „Edvard-Munch-Haus“ bezeichnen, heben wir zweibedeutende, dennoch kurze Phasen seines Lebens hervor: Die siebzehn Monate von 1907 bis1908, als der norwegische Maler Edvard Munch hier lebte und arbeitete, und die letzten sechsundzwanzig Jahre, in denen das Gebäude als Kunstinstitution und Künstler*innenresidenz diente.„Am Strom 53:PoeticsofProperty“versucht, die Perspektive auszudehnen. Nicht nur durch die Erweiterung des zu erkundenden Zeitraums, sondern auch durch die Kartierung der vielfältigen Welten, die das Haus "Am Strom 53" ermöglichte und in denen es mitgewirkt hat. In Proserpina (1906) schreibt Ruskin, dass „Fasern der Vergangenheit für immer in das architektonische Werk eingewebt bleiben“. So ergründet die Ausstellung die Stimmen, die im heutigen Edvard-Munch-Haus noch eingebettet sind: von den besonderen Eigentumsformen der einst dort lebenden Fischerfamilien, über die Auswirkungen des Tourismus und der Dampflokomotive auf ihre Fassade, die langwierigen Baukonflikte zwischen der ehemaligen Eigentümerin Lieselotte Zander und dem Rostocker Stadtamt, bis hin zur Biografie des Birnbaums, der heute sterbend im Garten des Hauses steht. Neben Archivmaterial und architektonischen Modellen der Architektin Katharina Wiedwald, die die bautypologische Entwicklung des Hauses darstellen, präsentiert die Ausstellung Werke der Künstler Espen Gleditsch, Leonard Rickhard und Olve Sande, die die Poetik des Grenzüberschreitens aufgreifen, die sich im Haus zu entfalten scheint—zwischen Kultur und Natur, zwischen dem Gebauten und dem Gewachsenen. Das Projekt wird mit großzügiger Unterstützung des Office for Contemporary Art, Norway(OCA), der Norwegisch-Deutschen Willy-Brandt-Stiftung und der Hanse-und Universitätsstadt Rostock realisiert.